Kindergeschichten

Schneelilie und Struwwelblume

Am Ende der Welt gab es einen Wald,den noch kein Mensch betreten hatte und inmitten des Waldes gab es eine grüne Wiese mit den schönsten und lustigsten Blumen. Den Schneelilien und den Struwwelblumen. Sie leuchteten den lieben,langen Tag in der Sonne,bogen sich leicht im Wind und schwätzten,lachten und kicherten die ganze Zeit miteinander.

Besonders Schneelilie Viola und Struwwelblume Kurt trieben die übermütigsten Späße miteinander. Dabei lachten sie so sehr,dass sich ihre Blumenstengel heftig bogen und fast abbrachen. “ Vorsicht“, tuschelte Kurt. „Sonst wars das mit dem Blühen.“ Er blickte Viola besorgt an, die sich weiter übermütig nach allen Seiten bog und drehte.

Die beiden standen schon seit vielen Jahren dicht beieinander. Im Sommer blühten und funkelten sie zusammen mit den anderen Blumen und im Winter zogen sie ihre Köpfe tief ein,dass nur die Stengel zu sehen waren. In all den Jahren begann Struwwelblume Kurt die Schneelilie Viola sehr lieb zu haben,denn Viola war besonders schön und leuchtend. Kurt aber war gar nicht so schön. Er war,nun ja,verstruwwelt. Er wollte Viola so gern zuwispern,wie lieb er sie hatte,aber er wagte es nicht. Was,wenn sie ihn auslachen würde? Wenn sie vielleicht so sehr lachen würde,dass ihr Blumenstengel tatsächlich abbrach? So zog er es vor,sie weiter mit seinen lustigen Späßen zu erfreuen,auf sie achtzugeben und auf ihren zarten,zerbrechlichen Stengel.

Am Ende der Welt aber gab es jemanden,der es gar nicht gut mit den Blumen meinte. Das war das gefräßige Riesenwildschwein Brunhild. Es hatte schon alles,was es im Wald gab,abgefressen und näherte sich nun mit dröhnenden Schritten unserer grünen Wiese.Alle Schneelilien und alle Struwwelblumen begannen zu zittern und zu beben. Sie hatten solche Angst gefressen zu werden. Auch Violas schneeweiße Blüten waren noch weißer als sonst und ihr Blumenstengelchen zitterte so heftig,dass es fast von selber brach. Kurt sah ihre Angst. Er hatte ja selber welche und wie! Er blickte mit seinen Struwwelaugen über die Blumenwiese,die in der Sonne strahlte,wie nie zuvor. Er hörte das fürchterliche Grunzen des Riesenviechs. Er hörte die schweren, stampfenden Schritte. Bald würde das Leben vorbei sein. Gleich würden sie in diesem Riesenschlund verenden.

Und Viola? Und ihre Schönheit? Ihr Liebreiz? Nein! Das durfte nicht sein! Kurt richtete sich auf,so hoch es nur ging,der warmen Sonne entgegen.

Schnell half sie ihm zu wachsen,sodaß er größer war als die anderen Blumen und stärker duftete. Das verfressene Untier Brunhild erblickte ihn natürlich als ersten und raste ohne jegliche Selbstbeherrschung auf ihn zu. Kurz vor Kurt bremste es und glotzte ihn mit dummen,erstaunten Augen an, denn Kurt machte die unglaublichsten Grimassen,die je eine Struwwelblume hervorgebracht hat.

Er wirbelte seine Struwwelblüten durcheinander,machte sich mal klein,mal groß,verknotete sich selbst,tat so,als ob ihn ein starker Sturm umkniggt,schnellte wieder nach oben.

So ging das eine ganze Zeit. Die anderen Blumen hatten sich ihm zugewandt und schauten diesem seltsamen Treiben zu. Auch Viola. Und selbstverständlich die ungeheuerliche Wildsau Brunhild,die auf einmal fürchterlich zu lachen begann. Hat schon mal jemand ein Riesenwildschwein lachen gehört? Sowas vergißt man nicht!

Brunhild lachte so sehr,dass sie auf den borstigen Rücken fiel,ihr vor Lachen die Luft wegblieb und sie endlich kichernd und grunzend verschied.

War das eine Erleichterung und Freude unter den Schneelilien und Struwwelblumen. War das ein Lachen,ein frohes Seufzen und Gewisper.

Und Kurt? Er war der Held. Klar.

Und Viola?

Selbstverständlich verliebte sie sich in ihren Helden. Auch klar.

Und wer war die glücklichste Struwwelblume am Ende der Welt?

Na?

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